Adventsbock

Besinnliche Geschichten aus dem Block

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Der Beinahe-Konkurs des FC Luzern – Carfahrt nach Muri bei Bern

Der FC Luzern hatte im Jahr 1999 ungefähr 5 Millionen Franken Schulden durch Misswirtschaft und falsche Transfers angehäuft. Um Die Lizenz für die neue Saison noch zu bekommen, musste Luzern innert drei Tagen vier Millionen Franken auftreiben. Andernfalls drohte der Abstieg oder sogar der Konkurs. Es war 5 vor 12 für den FC Luzern. Als sonntags im Radio Pilatus ständig die Nachrichten verlesen wurden, kamen mir beim Zuhören auch die Tränen. Es sah gar nicht gut aus und fühlte sich an, als wäre eine Person, die ich gut kenne im Koma und langsam am Sterben. Luzern war also auf Spendengelder angewiesen.

Dann kam der Stichtag: Montag der 21.Juni 1999. Ein sehr bewegender und emotionaler Tag. Bei der Arbeit kam mein Vorarbeiter, ich hätte einen Anruf von einem FCL Kollegen bekommen und ich solle ihn zurückrufen. Dazumal hatten noch die wenigsten ein Natel. Ich rief den Freund also an, am Telefon sagte er mir, dass es einen Car nach Muri bei Bern zum Haus des Schweizer Fussballs gebe und ob ich auch komme. War ja klar, dass ich auch mitging, sofort sagte ich meinem Chef dass ich die Arbeit abbreche und nach Bern gehe um als Fan die FCL Geschäftsleitung zu unterstützen. Präsident war damals Albert Koller und Trainer Andy Egli. Wir versammelten uns also auf der Allmend. Ungefähr 20 bis 30 Leute waren mit von der Partie, viele so bekleidet wie wenn es an ein Spiel gegangen wäre, mit FCL-Trikot und Schal.

Es war eine komische Carfahrt, nicht wie sonst die vielen Carfahrten an die Spiele (Extrazüge gabs damals ja noch gar nicht). Zu diesem Zeitpunkt wussten wir noch nicht wie es mit dem FC Luzern weitergehen würde. Noch auf dem Weg nach Muri hatte der FCL die 4 Millionen Franken nicht beisammen, es fehlte noch eine halbe Million.

In Muri beim Haus des Fussballs angekommen, legten wir ein paar Transparente auf den Boden und warteten vor dem Haus auf DIE Entscheidung. Die Spannung war natürlich extrem gross, ging es doch um mein Hobby Nr.1. Plötzlich kam FCL-Präsident Albert Koller aus dem Haus mit einem breitem Lachen und Daumen nach oben und sagte: «Wir haben es geschafft» und umarmte alle Fans. Und wir Fans konnten uns nicht mehr zurückhalten und feierten vor dem Haus die tolle Nachricht mit Gesängen und Fackeln. Es war als ob der FCL soeben Meister geworden wäre.

Dann stiegen wir wieder ein und fuhren Retour nach Luzern auf die Allmend. Da waren dann auch schon ca 150 bis 200 Leute, die dann mit uns und später mit dem FCL-Präsi noch ausgelassen gefeiert haben. Bierpreise gab es an diesem Abend keine, es konnte jeder so viel geben wie er wollte. Und auch auf der Allmend war das Fest als wäre Luzern Meister geworden. Andere Vereine werden Meister und die Stimmung ist nicht halb so gut wie damals bei uns am 21. Juni 1999.

Da ich erlebt habe wie mein Verein fast Konkurs ging wünsche ich das keinem anderen Verein, nicht mal unserem verhassten Rivalen aus der Ostschweiz. Es läuft mir noch heute kalt den Rücken hinunter, wenn ich jetzt überlege was gewesen wäre, wenn am 21. Juni 1999 der Konkurs des FC Luzern Realität geworden wäre. Hätte es all die sensationellen Choreos auf der Allmend gegeben? Würde es all die heute im Stadion aktiven Gruppierungen und die USL geben? Und würde es die Zone 5 geben, wo ich so gute Kollegen wie ihr es alle seid kennengelernt habe? Ich mag es mir gar nicht ausmalen. Jetzt hoffen wir doch alle das der Coronascheiss bald vorbei ist und wir wieder unsere Emotionen auf der Allmend, im Extrazug und im Awayblock ausleben dürfen. In diesem Sinne: Hopp Lozärn!

Verfasst von Pyrofreak
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