Adventsbock

Besinnliche Geschichten aus dem Block

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Stängeliii

«Stängeliiii, Stängeliii, Stängeliiiiiiii….» ach, wie schön kann der Cup sein, wenn unser FCL seiner Favoritenrolle gerecht wird und der Besuch bei einem unterklassigen Dorfverein zu einem Showlauf mutiert. In den letzten Jahren wurden wir mit solchen Spielen leider nur selten verwöhnt (okay, der Chöbugewinn tröstet genügend darüber hinweg). Spiele mit 10 Treffern und mehr schlugen aber auch in der Vergangenheit nicht regelmässig zu Buche.

Auch in den frühen Siebziger Jahren war das nicht der Fall. Der FC Luzern hatte sich in dieser Zeit als zuverlässige Fahrstuhlmannschaft etabliert. In der Saison 1972/73 kickten sie mal wieder in der NLB und versuchten mit Startrainer Albert Sing den erneuten Wiederaufstieg zu schaffen. Das Team um Captain Jules Häfliger war mit talentierten Spielern wie Karl Engel im Tor, den jungen Franz Christen und Leo Kaufmann und den gedienten Stars wie Bosco, Noventa, Huttary und Seppi Küttel gespickt. Wirklich erfolgreich lief die Saison aber nicht für die Luzerner. Das Cup-Spiel gegen den Drittliga Vertreter FC Glarus sollte als Aufbaugegner dienen und dem FCL das nötige Selbstvertrauen zurückbringen. Die «Ziegerländer» (wie sie im Vorfeld in der LNN betitelt wurden) eliminierten überraschend Triengen aus dem Cup und überzeugten mit ihrer Heimstärke. Das schien dem FCL zu imponieren, denn die Anfrage, ob das Cupspiel in Glarus und nicht wie angesetzt in Luzern stattfinden könnte, lehnten die Luzerner dankend ab (der Heimvorteil für unterklassige Clubs galt damals noch nicht).

Der FCL konnte mit Bestbesetzung antreten – Trainer Sing wollte bewusst keine Experimente eingehen. Beim FC Glarus sah das ganze etwas anders aus. Da sechs Stammspieler Militärdienst leisten mussten, konnten sie die ganze Woche nicht trainieren. Entsprechend pragmatisch schätzten sie auch ihre Chance vor dem Cupspiel ein: „Wir werden unser Glück mit einer Grossoffensive in der Startphase versuchen. Obwohl wir eher eine technische, denn kämpferische Elf haben, dürfte uns der ungewohnt grosse Platz gegen die sicher schnelleren und technisch überlegenen Luzerner zum Verhängnis werden.“ Die treuen FC Glarus Fans hielt das aber nicht ab, ihren Verein in Luzern zu unterstützen. Rund 500 lautstarke Glarner konnte man im Stadion zählen.

Der FC Glarus setzte seinen Plan um und spielte munter mit und glich das frühe 1-0 durch Signorelli umgehend zum überraschenden 1-1 aus. Lange aber konnten die unterklassigen Glarner nicht dagegen halten. Der FCL schien den Frust der letzten Wochen in Tore umzuwandeln. Eins nach dem Anderen schenkten sie dem mittlerweile klar unterlegenen Gast ein. Am Ende stand es 18-1 für die Luzerner. Für die Luzerner das gewünschte Spiel um Selbstvertrauen zu tanken. Und für Glarus? «Es war doch recht gute Unterhaltung!» gab ein überhaupt nicht trauriger Betreuer des FC Glarus nach dem Spiel zu Protokoll. Hätten alle diese Beteiligten gewusst, dass dieses Resultat in die Geschichte des FCL eingehen würde, dann wäre die Euphorie wohl etwas grösser gewesen. 18-1 – bis heute der höchste Sieg in einem Pflichtspiel für den FC Luzern.

Verfasst von Wendy
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