Adventsbock

Besinnliche Geschichten aus dem Block

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Göpp – wir lieben dich aka Dölemoo 2012

Die erste Göpp-Runde ist für viele Fussball-Fans so etwas wie Adelboden für die Schweizer Ski-Fans. Es findet genau einmal im Jahr statt, man freut sich lange darauf und am nächsten Tag hat man (als Zuschauer) meist Kopfschmerzen. Im September 2012 sollte uns diese 1. Runde in den französischsprachigen Raum der Schweiz führen, dies war zuletzt 2005 der Fall, als man noch in der Nati B kickte und in Payerne einen ungefährdeten 1:5-Sieg nach Hause fuhr. Der Gegner war dieses Mal die Sports-Réunis de Delémont (nachfolgend liebevoll Dölemoo genannt) und war eben erst aus der Nati B abgestiegen. Da das Spiel an einem Sonntagnachmittag stattfand und Dölemoo als Kantonshauptstadt an einem Samstagabend sicherlich einiges zu bieten hat, entschied man sich gleich für einen Zweitäger. Passenderweise spielte der FC Hergiswil aus dem Nachbarskanton am Samstagabend in Colombier und vier FCL-Fans konnten sich für diesen Doppler erwärmen. Dies verbunden mit der Hoffnung, dass man beim zweiten Besuch in Colombier – neben Sion die bekannteste Schweizer Stadt für aggressive Polizeihunde – endlich auch Tore zu sehen bekam. Für wen, das war uns eigentlich so ziemlich egal. In Colombier angekommen, stellte man erstaunt fest, dass das Spiel in einem anderen Stadion stattfand als das Luzerner Gastspiel Jahre zuvor. Man postierte sich direkt hinter der Trainerbank der Gäste, wo der frühere Superstürmer der ex-Luzerner (hihi) Reto Burri an der Seitenlinie stand. Irgendwie merkten wir schon bald, dass unsere bierseligen Kommentare zum Spiel von ihm nicht wirklich goutiert werden, was uns wiederum dazu veranlasste, ihm eine gewisse Arroganz zu unterstellen, hatten wir doch extra und ausschliesslich wegen diesem Spiel den weiten Weg auf uns genommen. Unsere Tore bekamen wir ziemlich bald zu sehen, nach deren 12 Minuten waren es bereits drei, zur Pause stand es 2:2. Die zweite Halbzeit war dann von Spannung geprägt, kurz nach der Pause ging Hergiswil in Führung und verteidigte dann mit Mann und Maus. Als dann in der 90. Minute das 2:4 fiel war der Jubel gross und ich glaube spätestens jetzt beneidete uns der Hergiswil-Trainer um unseren Vorsprung in Sachen Promille. Die Kabinenparty («Sweet Caroline» in Dauerschleife) erlebten wir am Rande noch mit, bevor es weiterging. Dass der Weg von Colombier nach Dölemoo etwa gleich weit ist wie derjenige von Luzern nach Dölemoo merkten wir auch erst auf der Fahrt. Konnte man ja nicht wissen, sprechen sie doch in beiden Orten französisch… Auf der Fahrt freute man sich bereits auf das was noch kommen möge und als uns noch Chue von ChueLee überholte, liebäugelte man gar mit einem Live-Konzert, an welches man im nüchternen Zustand gar nicht zu wagen gedenkt hätte. Irgendwann nahm Chue jedoch eine Ausfahrt und wir waren noch weit von Dölemoo entfernt.

Dort angekommen hatte man sogleich den Plan, sich ins Nachtleben zu stürzen. Als wir das Zentrum der Stadt gefunden hatten, einigten wir uns darauf, fortan von einem Dorf zu sprechen und als diese Einigung zustande kam, hatte man das ganze Dorfzentrum auch schon durchquert, ohne auch nur etwas ähnliches wie eine Bar gefunden zu haben. Dies an einem Samstagabend notabene. Es machte sich bereits eine gewisse Ernüchterung breit und als letzten Ausweg fragte man einen Angestellten des örtlichen Taxiunternehmens so etwas wie «vous connaissez un party içi?». Das tadellose Französisch schien zu helfen, denn der Taxifahrer beschied uns einzusteigen. Nach gefühlt ewiger Fahrt (sind wir noch in der Schweiz?) wurden wir in einem Industriegebiet abgeladen. «Fête des étudiants» wurde uns noch mitgeteilt, was selbst wir verstanden. Tatsächlich fand da eine Riesenparty statt, dass die «étudiants» zum grössten Teil noch nicht stimmberechtigt waren, darüber mussten wir mangels Alternativen grosszügig hinwegsehen. Doch was heisst wir mangels Alternativen? Irgendwann entdeckten zwei unserer Gruppe eine Bar vis-à-vis der Party. Da liegt doch ein Abstecher drin. Komischerweise musste man klingeln, bevor man die Bar betreten konnte. Ausserdem stellten wir fest, dass hier der grösste Teil der (fast ausschliesslich weiblich) Anwesenden wohl auch nicht stimmberechtigt waren, dies aber aus anderen Gründen. Das Bier war nicht so teuer, wie man dem Ambiente zufolge hätte erahnen können, und so genehmigte man sich das eine oder andere, und schrieb den Kollegen, dass sie herzlich willkommen seien. Leider mussten auch diese zuerst klingeln und wurden von der Hausherrin sogleich wegen Trunkenheit (so nahmen wir zumindest an) abgewiesen. Da hatte sie die Rechnung jedoch ohne uns gemacht, denn wir wussten haargenau wo sich der automatische Türöffner befindet. Unser Plan war genial. Ein Mann Ablenkung, ein Mann Türöffner betätigen und schwupps waren wir vier wieder vereint. Als die eher dominante Hausherrin die zwei eben erst Abgewiesenen neben uns sitzen sah, lernten wir wie richtig geil fluchen auf Französisch geht. Herrlich. Als sie fertig war und irgendwas von Hausverbot schwafelte, bestellten wir vier Bier und sie war wieder besänftigt. Im Jura ist die Welt noch in Ordnung. Zum Abschluss noch einmal zur «Studenten»party, bevor es knapp vor Sonnenaufgang zurück ins Hotel ging.

War noch was? Ach ja, das Spiel. Eigentlich Nebensache, war doch ein hoher Sieg vorprogrammiert. Vor etwas über 2000 Zuschauern ging es dann auch gleich munter los. Für unsere noch leicht angeschlagene Fähigkeit das Geschehene zu verstehen, fast etwas zu munter. Bereits nach etwas mehr als einer Minute zeigte Schiedsrichter Sandro Schärer (der zum 3. Mal hintereinander in der ersten Cup-Runde die SR Dölemoo pfeifen durfte) auf den Punkt und der FCL kriegte einen Penalty zugesprochen, welchen Dimitor Dimitar Rangelov so schwach schoss, dass es für den Torhüter ein leichtes war, den zu halten. Dann gingen die Hausherren nach rund 10 Minuten tatsächlich auch noch in Führung, doch keine 5 Minuten später glich Dani Gygax (hatten wir den gestern nicht noch an der «Studenten»party gesehen?) bereits wieder aus. Und dann? Das war’s. Das war’s! Also zumindest auf dem Spielfeld. Neben dem Spielfeld hatten alle FCL-Fans eine richtig gute Zeit (1. Göpp-Runde halt) und wir glaubten, die eine oder andere Bierverkäuferin von der gestrigen Party wieder zu erkennen. So schliesst sich der Kreis. Ach ja eben, zum Spiel: Keine weiteren Tore. Nicht nach 90 Minuten. Nicht nach 120 Minuten. Elfmeterschiessen. Da Gabriel Wüthrich im Tor stand, hatte man weiterhin berechtigte Hoffnungen, dieses zu gewinnen. Er hielt dann auch einen Penalty, ein weiterer ging am Kasten vorbei, doch da Thiesson, Lezcano und Puljic ihre Versuche versemmelten war das Cup-Aus besiegelt. Die erste – und bis dato einzige – Erstrunden-Niederlage in diesem Jahrtausend war Tatsache. Notabene gegen einen Gegner, der in diesem Kalenderjahr zuvor sagenhafte 0 (!) von 21 Meisterschaftsheimspielen gewonnen hatte. Das esch üse FCL! Trotz dieser Niederlage war es ein gelungener Ausflug. Zumindest für drei von uns. Der Vierte im Bunde vertrat an diesem Tag als Schreiber vom Maihof. Statt ein paar Zeilen über einen standesgemässen Sieg musste er nun – trotz üblen Kopfschmerzen – einen Frontartikel inklusive Kommentar schreiben. Nicht alle lieben die erste Göpp-Runde so wie ich ❤️.

 

Verfasst von Red Isni
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