Adventsbock

Besinnliche Geschichten aus dem Block

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Balkonchaoten und Wöschmaschene

Am Donnerstag 27. Oktober 2016 führte uns das Los für den Cup Achtelfinal in die flächenmässig grösste Agglomerationsgemeinde der Schweiz , auf den Sportplatz Liebefeld nach Köniz. In einer bis dato schon legendären Cup Saison konnte sich der FCL souverän wie immer schon gegen den FC Naters (inkl. Delfinmord) und den FC Ticino (im Jura, nicht im Tessin) durchsetzen. Als nächstes wartete also der FC Köniz aus der 1. Liga auf uns.

Auswärtsspiele unter der Woche waren für mich als damaliger Student sowieso kein Problem, hatte ich doch am Freitag sowieso nie Vorlesungen und auf die hässliche Cardinal Pfütze im Studentenausgang im schwarzen Schaf konnte ich sowieso gut verzichten. Die Motivation und die Laune waren aber nicht nur bei mir, sondern bei allen überschwänglich und feuchtfröhlich. Einige mir näher bekannte Personen reisten sogar aus dem Dienste fürs Vaterland an um sich diesen Leckerbissen nicht entgehen lassen zu müssen. Aus dieser EuForie heraus wurde auch eine «Wöschmaschene» Fahrt ausgerufen, was sich für den späteren Verlauf des Abends als keine brillante Idee herausstellen würde.

Nachdem die Materialien für die «Wöschmaschene» und einige Sidedrinks gekauft wurden, staunten wir nicht schlecht, dass aufgrund irgendeines mir nicht mehr bekannten SBB Problems, Wagen 1 und 2 vereint wurden für die Hinfahrt des Extrazuges. Vielen Dank der SBB für dieses historische Ereignis. Die Tragweite dieses Ereignisses würde ich mit einer hypothetischen Fusion von Roche und Novartis oder Celtic und den Rangers vergleichen.

Nach einer etwa einstündigen ziemlich süffigen Extrazugfahrt kamen wir in Köniz an und machten uns auf den Weg zum sehr sympathischen Sportplatz Liebefeld. Es wurden die ersten und sicher nicht letzten Felsenaubiere degustiert und analysiert wer jetzt wohl den weitesten Satz in der vorhanden Weitsprunganlage machen würde.

Wir waren jedoch nicht die einzigen, welche in Partystimmung waren. In einem Block hinter dem Gästesektor hatte sich, auf einem in meiner Vorstellung riesigen Balkon, eine sehr laute Partygemeinde versammelt. Diese Balkonchaoten sollten im Verlaufe des Abends noch einige Male sehr unangenehm auffallen und deutlich gegen die Nachtruhe und vermutlich auch gegen einige feuerpolizeiliche Vorschriften verstossen. Aber die Berner sind ja bekanntlich etwas langsamer dann gönnen es wir ihnen auch mal den 1. August Ende Oktober zu feiern.
Sportlich gab es für den FCL schon beim Aufwärmen schlechte Neuigkeiten. Tomi Juric verletzte sich kurzfristig und so musste Cedric Itten für ihn einspringen. Im Tor stand ebenfalls ein heutiger Natispieler, nämlich Jonas Omlin. Sonst gab es keine Überraschungen in der Startaufstellung. Bei Köniz waren einigen Fussballkennern lediglich die beiden Innenverteidiger und ehemaligen Nati-A Spieler Jiri Koubsky und Miguel Portillo ein Begriff.

Der FCL startete druckvoll und schnürte Köniz in der eigene Platzhälfte ein. Schon in der 10. Minute traf Marco Schneuwly den Pfosten. Nach weiteren zahlreichen und ungenutzten Chancen traf Markus Neumayr in der 40. Minute mit seinem Freistoss nur die Latte. So blieb es zur Pause beim für Köniz schmeichelhaften 0:0 und der FCL machte dort weiter, wo er gegen St. Gallen aufgehört hatte. Er traf nämlich schon am Wochenende zuvor fünf Mal nur ans Gebälk.

Das Team von Markus Babbel machte aber in der zweiten Halbzeit genau so weiter und konnte in der 52. Minute durch einen wunderschönen Schlenzer von Markus Neumayr in Führung gehen (gemäss der SRF Zusammenfassung überraschenderweise ein Liechtensteiner). Der überragend parierende Köniz Keeper Ruiz verhinderte eine höhere Führung der Luzerner. Dann kam es so wie es kommen musste und in der 86 Minute köpfte der völlig freistehende Kasai zum 1:1 ein. Francois Affolter war wohl gedanklich schon auf dem Partybalkon. Nachdem Ruiz in der 90. Minute den letzten Luzerner Versuch mirakulös abwehrte, kam es zur Verlängerung.
In dieser scheiterten wir immer wieder an Ruiz und zum dritten Mal am Aluminium durch Hyka. Dann kam es zu dem was jedem FCL Fan sofort den Angstschweiss ins Gesicht treibt: zum Elfmeterschiessen.

Einige hielten es nervlich nicht mehr aus und zogen es vor das Elfmeterschiessen, mit dem Rücken zum Spielfeld, sitzend, hinter der kleinen Tribüne zu verfolgen. Aber die Nerven der Luzerner Schützen waren zum Glück für einmal besser als die der genannten Person. Jeder konnte seinen Versuch verwandeln, wenn auch nicht immer souverän. Da aber auch alle Könizer trafen kam es auf den letzten Schützen an. Und Altin Osmani hämmerte den Ball über das Tor in Richtung des Partybalkon und allen Luzerner fiel ein riesiger Stein vom Herzen. Endlich hatte man es mal wieder geschafft ein Penaltyschiessen für sich zu entscheiden.

So stand der Party auf der Rückfahrt nichts mehr im Wege. Von dieser kann ich allerdings nicht mehr viel berichten, hatten sich doch die zahlreichen «Wöschmaschene» und Felsenau nachträglich schlecht auf mein Erinnerungsvermögen ausgewirkt.

Die Überwindung des Penaltyfluches war leider nur von kurzer Dauer. Konnte man zuerst noch Aarau in einem überragenden Spiel auf dem Brögglifäld aus dem Cup hauen, schied man im Halbfinal in Sion auf eine extrem bittere Weise im Elfmeterschiessen aus. So wurde es wieder nichts mit dem Chöbu aber zum Glück sollte dieser paradiesische Gedanke ein paar Jahre später doch noch in Erfüllung gehen.

Verfasst von Yaki
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